Sechzehn – der Debutroman eines Fünfzehnjährigen

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Gespräch mit dem heute achtzehnjährigen Mario Wurmitzer über sein Erstlingswerk Sechzehn, das 2010 im Berliner Treibgut Verlag erschienen ist.

Das Thema des Romans 16 ist…
… eine Jugendschwangerschaft aus der Sicht des werdenden Vaters. Stefan ist 16 als er Vater wird. Der Roman ist mit inneren Monologen in der Jugendsprache geschrieben, teils mit – deftigen – Worten. Eher szenisch und mit vielen Dialogen ist das Buch sehr leicht zu lesen. Ich kenne jetzt schon genug Leute, die es an einem Tag gelesen haben.

Die Verlagsuche gestaltete sich…
… schwierig und dauerte extrem lang. Anfangs habe ich an die großen Verlage wie Diogenes, Rowohlt, Hanser geschrieben. Erfolglos. Laut einer Statistik schreiben eine dreiviertel Million Menschen im deutschsprachigen Raum!
Es hat auch mit größeren Verlagen Kontakte gegeben, aber beim Berliner Treibgut Verlag fühle ich mich gut aufgehoben und betreut. Der Treibgut Verlag ist ein Kleinverlag und die Zusammenarbeit läuft sehr gut Der Verleger ist auch Autor, das halte ich für meinen Einstieg besonders günstig.

Auflage …
…ist 300 Stück. Das Layout wird online gespeichert, damit wäre eine 2.Auflage relativ leicht herzustellen. Offsetdruckverfahren lohnt sich angeblich erst ab 3000 -4000 Stück, das hätte bei diesem Buch also keinen Sinn gehabt.

Das Buch „Sechzehn“…
Ist in jeder Buchhandlung zu bestellen (ISBN 978-3-971175-25-9), direkt beim Verlag www.treibgut-verlag.de zu ordern oder bei Amazon erhältlich.

Entstehen des Debütromans

Zum Schreiben brachte mich…
…Leidenschaft, auch wenn es geschwollen klingt. Aus rein ökonomischen Gründen schreibt man nicht, denn da bekäme ich wohl nur wenige Cents pro Stunde.

In der Thematik Jugenschwangerschaft…                                                    werden alle Probleme des Erwachsenwerdens noch einmal verschärft. Die Streitigkeiten mit den Eltern, mit der Freundin, mit der ganzen Welt um sich, bekommen eine neue Dimension, wenn man im Hinterkopf immer das eigene Kind hat. Das hat mich fasziniert. Wieso genau ich auf das Thema kam, weiß ich nicht. Ich habe sehr viele Geschichten im Kopf, aber es schaffen eben nicht alle mich so lange festzuhalten, dass sie niedergeschrieben werden.

Wie begann dein erstes Buch…
… ich hatte die Geschichte mit Anfang, Mitte und Schluss. Aber alles war ein bisschen im Nebel. An der Rohfassung habe ich ungefähr ein Jahr geschrieben, am Anfang nicht sehr regelmäßig. Eigentlich sollte man regelmäßig schreiben, zumindest jeden Tag bis die Erstfassung steht. Dann eine kleine Pause zum Überarbeiten. Dass ich es fertigbringen werde war mir klar. Aber dass ich die Geschichte an einen Verlag bringe und als Buch in Händen halte, das hätte ich nicht gedacht.

Wie hast du dich mit dem Aufbau beschäftigt?
Bis 15 -16 habe ich ein Buch immer als Ganzes gesehen, weil ich noch nicht genug Grundwissen hatte. Dann habe ich darüber Bücher gelesen, Schreibwerkstätten besucht. Und jetzt kann ich kein Buch lesen, ohne es zu analysieren: wo sind die Personen beschrieben, wo kommen die Dialoge, ist die Perspektive durchgängig, usw. Das kann auch ganz schön nervig sein.

Tust du dir leicht beim Kürzen deiner eigenen Sachen?
Es geht. Am Anfang hatte ich schon Bedenken 3-4 Seiten komplett zu streichen

Tut das nicht weh, wenn es im Mist landet?
Wenn es Mist ist, nicht. Wenn es gut ist, wird es ja bleiben.

Meiner Familie und meinen Freunden habe ich meine Autorentätigkeit eröffnet …
…als der Verlagsvertrag gekommen ist. Den konnte ich ja als Minderjähriger nicht unterschreiben.Meine Mitschüler erfuhren erst davon, als es veröffentlicht wurde.

Die Reaktionen der Mitschüler und Freunde waren…
… positiv und überrascht. Es vermutet ja niemand, dass man daheim ein Buch schreibt.

Das Verhältnis zu meinen Deutsch-Lehrern…
…ist gut, ich hatte letztes Jahr einen Einser. Aber es hat mir nie jemand gesagt „Pffh, deine Aufsätze sind so gut, schreib Bücher!
Aufsatz ist – tut mir leid – stupid, wenn man in 2 Stunden ein Thema unter Zeitdruck strukturiert abarbeiten muss. Die Fantasie wird nicht gefördert, da kann man nicht lange über eine Formulierung nachdenken. Beim Schreiben ist es wichtig, dass man sich für die Menschen und für die Welt grundsätzlich interessiert. Geschichten gehen von Figuren aus. Figuren brauchen Konflikte und dadurch entstehen dann Geschichten.

Mario Wurmitzer – der Autor

Besonders gut kann ich…
Ich hoffe, schreiben.

Das nächste Ziel …
..dass das zweite Buch noch eine Stufe besser wird und dass es verlegt wird.

Das Außergewöhnliche an mir ist…
Ich kenne mich mit Literatur aus. Es ist lächerlich sich immer selbst abzuwerten.
Was andere Leute über mich denken, weiß ich nicht. Es fällt mir schwer, mich selbst zu bewerten oder an Leute heranzutreten. Ich kann mich nicht selbst beweihräuchern und anbiedern, mein Buch anbieten. Das ist eine seltsame Gratwanderung.

In der Freizeit…
…gibt es ein Maturajahr, also viel Schule. Schreiben, Lesen, Musik passiv (Gitarrespielen erfolglos aufgehört). …gehe ins Fitnesscenter, weil ich einen körperlichen Ausgleich brauche, um den Kopf frei zu bekommen.

Musik …
Ich höre gerne Rock und Elektro. Red Hot Chili Peppers, Foo Fighters, Deichkind, fallweise auch klassische Musik. Aber ich habe von Musik keine Ahnung und sehe ein Musikstück immer nur als Gesamtes, ich höre kein Instrument oder auch nur einen Ton heraus.
Kunst generell finde ich wichtig. Ich kann mich auch 10 Minuten vor ein Gemälde hinstellen und es betrachten.

Sport betreibe ich …
..Schifahren, ab und zu Radfahren und ich gehe ins Fitnesscenter.

Meine Familie …
…mein Vater ist Jurist, meine Mutter ist Hausfrau, einer meiner älteren Brüder ist auch Jurist. An künstlerisch kreativen Verwandten gibt es einen literaturinteressierten Onkel.

Haustiere sind für mich…
…liebenswert, so wie unser Kater „Zwerg“.

In Österreich …
…lebe ich sehr gerne. Ich schätze das ansprechende, angenehme und humorvolle Umfeld. Ein Jahr des Studiums im Ausland zu verbringen, finde ich sinnvoll.


Buch-Handlung

Ein neues Buch…
..ist in der Entstehung. Die Rohfassung hätte in 3 -4 Monaten stehen sollen, das hat aber nicht funktioniert. Aber in weiteren zwei Monaten, also insgesamt in einem halben Jahr wird die Rohfassung fertig sein.

Ich überlege, die Geschichte positiv enden zu lassen, oder auch nicht. Das ist aber nicht das Entscheidende bei diesem Projekt, auch wenn das eigenartig klingt. Die wesentlichen Dinge habe ich im Kopf. Man kann 2 -3 Wegweiser anders setzen und schon kommt es zu einem anderen Ende. Das Thema spricht mich persönlich sehr an, aber die Verlagssuche wird sich wieder schwierig gestalten. Aber auch Daniel Kehlmann, den ich sehr schätze, hat sich am Anfang schlecht verkauft, obwohl seine Bücher immer schon gut waren.

An das erste Buch, das ich gelesen habe…
…erinnere ich mich nicht. Ich hatte ein Problem mit den Jugendbüchern. Ich konnte die darin vorkommenden erhobenen Zeigefinger nicht leiden. Wenn ich als Zehnjähriger ein schlechtes Buch gelesen habe, dann habe ich ein Monat gar nichts mehr gelesen.
Die erste Erwachsenenliteratur waren Brecht und Hermann Hesse. Mit 13 habe ich Die drei Groschen Oper gelesen, die mir im Gedächtnis geblieben ist.

Ein Buch, das ich mehrmals gelesen habe …
Steppenwolf von Hermann Hesse.

Einfach stark finde ich…
100 Jahre Einsamkeit von Gabriel Garcia Marquez. Hier faszinieren mich die Bilder und die Sprache.
Tod in den Anden von Mario Vargas Llosa hat mir vom literarischen Standpunkt gefallen.
Auch Köhlmeier lese ich sehr gerne, Idylle mit einem ertrinkenden Hund.

Derzeit lese ich…
Wir waren unsterblich von Joshua Ferris.

e-books…sind für mich nicht interessant, weil ich nicht lang vor dem Computer sitzen will. Ich drucke mir lieber einige Seiten aus, habe etwas in der Hand und kann es lesen. Aber ich mag kein e-books downloaden und ausdrucken. Ein fertiges Buch in Händen zu halten ist etwas anderes. Wenn ich nur Manuskripte habe, bin ich versucht etwas zu ändern. Da würde ich sogar an der Weltliteratur oder meinen Lieblingsautoren herumpfuschen.

Die österreichischen Autoren ..
…kenne ich (nicht persönlich) Michael Köhlmeier, Margit Schreiner, Thomas Glavinic, Arno Geiger, Handke, Kafka…

Tageszeitungen …
Ich lese Zeitung (Kronenzeitung, Heute) aber nicht enorm viel und erhalte News auf dem Handy, sonst schaue ich ins Internet, um mich rasch zu informieren. Ich bin nicht jemand, der sich hinsetzt und eine Stunde die Zeitung liest, da nehme ich lieber ein Buch.

Zukunftsvisionen

In meinem Leben möchte ich…
…auf der persönlicher Ebene eine gesicherte Zukunft mit Frau und Kindern.
…auf der literarischen Ebene, gute Bücher schreiben – schreiben können.

Es soll Autoren geben, die sagen, sie stellen das Schreiben über ihre Familie und überhaupt über alles. Das will ich so auf keinen Fall sagen. Das eine darf das andere nicht ausschließen. Ich denke, dass ich ohne Rückhalt von meiner Familie, von Freunden oder wem auch immer, irgendwann auch nicht mehr die Kraft hätte, mich jeden Tag aufs Neue an den Schreibtisch zu setzen.

Studieren werde ich…
…Jus. Es hat ja immer schreibende Juristen gegeben, Goethe, Heine, Garcia-Marquez, Schlink. Ich habe mir auch ein Germanistikstudium überlegt. Aber dort geht es ja nicht darum, dass man Bücher schreiben lernt. Auch für einen Juristen ist die Sprache wichtig.

In Zukunft…
… werde ich sehen, wie es sich entwickelt, ob ich Zeit für das Studium und das Schreiben aufbringen kann.

Schlusswort

Mein Unwort des Jahres ist…
Dezent und polarisiert. Vor zwei oder drei Jahren war es nicht so, dass alles und jeder polarisiert, nur weil er einmal in der Zeitung steht. Dezent wird in der Jugendsprache falsch verwendet. Man raucht nicht dezent eine Zigarette.

www.treibgut-verlag.de/

boehmstefanie.viennablog.at

4 Kommentare

  1. Wie es dem werdenden Vater im Spital ergeht – Buch S.125,126

    ..das will ich euch nicht vorenthalten!

    Zitat aus dem Roman“16″ von Mario Wurmitzer

    …Überfragt und überfordert hoch zwei. Aber dass man als Angehöriger total ahnungslos herumsteht, ist dem Krankenhauspersonal herzlich egal. Ich sollte ganz normal weiterreden.

    „Was passiert denn jetzt eigentlich gerade?“

    „Keine Ahnung. Es sagt mir ja niemand was gemacht wird. Es kommen grundsätzlich nur alte Männer herein,schauen mir zwischen den Beine und gehen wieder.“

    Also vergleichbar mit einem Stripclub, so so.

    „Naja, aber zur Zeit bist du halbwegs in Ordnung?“

    „Ja, aber“, höre ich, doch das Gespräch wird durch das Eintreffen eines weißhaarigen Oberarztes beendet. Ich bin mir nicht sicher, ob seine Augen zucken, sein ganzes Gesicht zuckt, oder sein ganzer Körper zuckt, aber der hektische alte Sack ist mir nicht geheuer.

    „Können Sie bitte einen Moment hinausgehen?“ Ich könnte jetzt nach der Definition des Begriffs Moment fragen, aber das ist wohl eher nicht angebracht. Also tue ich stillschweigend, wie mir geheißen.

    Das war Nummer sechs! Sechs Leute hantieren da jetzt an ihr herum! Sechs!….

  2. Werbung Liebe Zuckerwatte – so heißt Mario Wurmitzerstück, das am 10.8.2017 im Thalhof in Reichenau auf der Rax Premiere hatte, im November und Dezember im Metrokino Kulturhaus aufgeführt wurde. Mittlerweile wurde Werbung Liebe Zuckerwatte bereits verfilmt, auf dem Originalschauplatz, in einem Wagon des Wiener Riesenrades.

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